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Details geklärt: Koalition schafft Durchbruch bei Heizungsgesetz

Die Fraktionsspitzen der Ampel-Koalition haben sich auf letzte Feineinstellungen beim Heizungsgesetz geeinigt. Die Öffentlichkeit sollte über Details eigentlich erst am Donnerstag informiert werden, einiges sickerte aber doch schon durch.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Ampel-Fraktionen haben letzte Änderungen am lange umstrittenen Heizungsgesetz festgezurrt. Die Verständigung sei in der Nacht bei Gesprächen der Fraktionsvorsitzenden und der Fraktionsvizes erreicht worden, sagte ein Sprecher der SPD-Fraktion. SPD-Parlamentsgeschäftsführerin Katja Mast erklärte, das Gebäudeenergiegesetz (GEG) könne damit noch vor der Sommerpause verabschiedet werden: "Damit haben die Bürgerinnen und Bürger Klarheit, wie es mit dem Heizen weitergeht."

Ministerien müssen Gesetzentwürfe ändern

Die zuständigen Ressorts - das von den Grünen geführte Wirtschaftsministerium und das SPD-geführte Bauministerium - sollen die beschlossenen Änderungen, die noch in den einzelnen Fraktionen beraten werden müssen, nun zügig in den Gesetzentwurf einarbeiten. Der Bundestag soll das Gesetz dann in der kommenden Woche verabschieden - noch vor der am 7. Juli beginnenden parlamentarischen Sommerpause, wie von den Ampel-Parteien angestrebt.

Habeck ist optimistisch

Wirtschaftsminister Robert Habeck erklärte, dass er nach der Grundsatzeinigung auf das neue Heizungsgesetz gute Chancen für eine schnelle Verabschiedung sehe. Er sei "eigentlich optimistisch", mit Blick auf eine Verabschiedung durch den Bundestag in der ersten Juliwoche, sagte der Grünen-Politiker bei einem Videoauftritt bei einer Konferenz der "Süddeutschen Zeitung".

Im Video: Einschätzungen von BR-Berlin-Korrespondent Björn Dake

Björn Dake
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Björn Dake im Gespräch mit BR24

Zum Inhalt der Verständigung mit FDP und SPD äußerte sich Habeck nicht, denn deren Einzelheiten sollten die Bundestagsfraktionen vorstellen: "Es wäre jetzt wirklich ein grobes Foul, wenn ich die Details der sich abzeichnenden Einigung jetzt hier vortragen würde", sagte er, "das würden die mir nicht verzeihen."

Modernisierungsumlage soll wohl steigen

Details zu den vorgenommenen Änderungen sollten in der Tat eigentlich erst am Donnerstag bekannt gegeben werden. Einige der vereinbarten Regelungen sickerten inzwischen aber durch. Die dpa und das Nachrichtenportal "The Pioneer"berichteten unter Berufung auf Koalitionskreise, dass mit dem jetzigen Kompromiss die Pläne für eine weitere Modernisierungsumlage konkretisiert werden, über die Vermieter Kosten für neue Heiztechnik auf Vermieter umlegen können. Demnach kann diese Umlage auf 10 Prozent erhöht werden, wenn der Vermieter eine staatliche Förderung in Anspruch nimmt.

Bislang dürfen Vermieter maximal 8 Prozent der Kosten für eine Modernisierungsmaßnahme auf ihre Mieter umlegen. Die Mitte Juni beschlossenen "Leitplanken" zum Heizungsgesetz sahen aber bereits vor, dass eine weitere Modernisierungsumlage eingeführt wird. Die neue Regelung soll Vermietern Anreize zum Heizungstausch geben. Davon würden auch die Mieter profitieren, weil die Förderung an sie weitergegeben werden müsse, wie es hieß. Zugleich soll die Kappungsgrenze gesenkt werden: Die Jahresmiete soll sich nicht um mehr als 50 Cent je Quadratmeter Wohnfläche erhöhen dürfen.

Bis zu 70 Prozent Förderung möglich

Bei der staatlichen Förderung sollen unter bestimmten Voraussetzungen 70 Prozent der Investitionskosten beim Kauf einer klimafreundlicheren Heizung übernommen werden, wie es aus Koalitionskreisen hieß. Geplant sei wie im Konzept des Wirtschaftsministeriums vorgesehen ein einheitlicher Fördersatz von 30 Prozent für alle Haushalte. Für einkommensschwache Haushalte soll es aber eine höhere Förderung geben, zudem ist ein "Geschwindigkeitsbonus" geplant. Insgesamt soll so eine Förderung von bis zu 70 Prozent erreicht werden können. Das Konzept des Wirtschaftsministeriums sah bisher einen Höchstfördersatz von 50 Prozent vor.

Gasheizungen müssen immer mehr "grünes Gas" einsetzen

Die Fraktionsspitzen einigten sich weiter darauf, dass funktionierende Gasheizungen auch beim Vorliegen einer kommunalen Wärmeplanung nicht ausgetauscht werden müssen. Solch eine Planung kann die Versorgung mit Nah- oder Fernwärme oder auch mit Wasserstoff vorsehen. Ab 2029 soll in verbleibenden Gasheizungen aber ein Anteil von 15 Prozent, ab 2035 von 30 Prozent und ab 2040 von 60 Prozent an "grünen Gasen" eingesetzt werden. Gemeint sind etwa aus erneuerbaren Energien hergestelltes Biogas oder Wasserstoff.

Priorität für kommunale Wärmeplanung

Vor der jetzigen Übereinkunft hatten die Ampel-Partner sich nur auf grobe "Leitplanken" zur Änderung des ursprünglichen Entwurfs für das Heizungsgesetz verständigt, eine Spitzenrunde von SPD, Grünen und FDP war nötig, um diesen Grundsatzbeschlüsse Mitte Juni zu fassen, nachdem sich die Koalitionäre monatelang einen zum Teil heftigen Schlagabtausch in Sachen Heizungsgesetz geliefert. Im Kern sehen die "Leitplanken" für viele Hausbesitzer mehr Zeit beim Heizungstausch vor. Das Gebäudeenergiegesetz sollte an ein Gesetz zur kommunalen Wärmeplanung gekoppelt werden.

Dabei sollte der Grundsatz gelten: Zuerst muss eine kommunale Wärmeplanung vorliegen. Denn sonst haben Eigentümer gar nicht alle Informationen, um die für sie günstigste Heizungs-Variante zu wählen - also ob sie die Möglichkeit haben, dass ihr Haus zum Beispiel an ein Fern- oder Nahwärmenetz angeschlossen wird. Eine verpflichtende kommunale Wärmeplanung wird bis spätestens 2028 angestrebt. Die FDP hatte zuvor grundlegende Nachbesserungen gefordert und auf Technologieoffenheit gepocht.

Entscheidender Schritt zur Wärmewende

Viele Punkte waren bei den "Leitplanken" aber noch offen geblieben - etwa bei der staatlichen Förderung und der Modernisierungsumlage. Unklar war bisher auch, was passiert, wenn jemand jetzt eine auf Wasserstoff umrüstbare Gasheizung einbaut, seine Kommune aber später gar kein dafür geeignetes Gasnetz plant. Die Koalitionsspitzen hatten nur festgelegt, dass dann "angemessene Übergangsfristen zur Umstellung auf die neue Technologie" gelten sollen.

Der vom Kabinett beschlossene Gesetzentwurf sieht vor, dass von 2024 an möglichst jede neu eingebaute Heizung zu mindestens 65 Prozent mit Öko-Energie betrieben werden. Damit soll die Wärmewende im Gebäudebereich entscheidend vorangebracht werden - als Beitrag, um Klimaziele erreichen zu können. Es sollen aber keine funktionierenden Öl- und Gasheizungen ausgetauscht werden müssen, außerdem sollen defekte Heizungen repariert werden dürfen.

FDP-Chef Lindner: "Sehr gutes Ergebnis"

Bundesfinanzminister und FDP-Chef Christian Lindner sprach angesichts der Einigung der Fraktionsspitzen von einem "sehr guten Ergebnis", auch wenn die Übereinkunft noch in den Fraktionen besprochen werden müsse. Die Beschlüsse gingen "absolut in die richtige Richtung", sagte Lindner auf Schloss Ettersburg in der Nähe von Weimar. Der Gesetzentwurf könne nun voraussichtlich noch vor der Sommerpause im Bundestag beschlossen werden. Dafür gebe es keine unüberwindbaren Hürden mehr.

Lindner betonte, dass seine Partei die Einigung mittragen werde: "Deshalb ist mein Stand, dass das eine Zustimmung finden wird." Es gebe beim Heizungstausch nun Technologiefreiheit, keine unverhältnismäßigen Verbote, weniger Bürokratie sowie einen sorgfältigen Umgang mit öffentlichen Mitteln, da bei der Förderung eine tragfähige Lösung gefunden worden sei.

Im Audio: Beschlüsse gehen laut Lindner in die "absolut richtige Richtung"

FDP-Chef Lindner findet, dass die Beschlüsse in die "absolut richtige Richtung" gehen
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FDP-Chef Lindner findet, dass die Beschlüsse in die "absolut richtige Richtung" gehen

Klingbeil hofft auf mehr Ruhe in der Koalition

SPD-Chef Lars Klingbeil gab der Hoffnung Ausdruck, dass nach der ungewöhnlich offenen Auseinandersetzung, die sich die Koalitionspartner über Monate hinweg über das Heizungsgesetz lieferten, nun mehr Ruhe in das Ampel-Bündnis einkehrt. Wenn wichtige Beschlüsse wie zum Heizungsgesetz nun rasch gefasst würden, komme "hoffentlich über die Zeit, in der es politisch wieder etwas ruhiger ist, Stabilität und Ruhe rein", sagte er bei ntv.

Union warnt vor einem "Wochenendgesetz"

Unionsfraktionsvize Andreas Jung (CDU) kritisierte das Vorgehen der Koalition scharf. Den Bundestagsabgeordneten solle "ein Wochenende zur Vorbereitung auf die Anhörung am Montag reichen", sagte er den Zeitungen der Funke Mediengruppe (Onlineausgaben). Damit werde "die Selbstachtung des Parlaments" beschädigt.

"Mit so einem 'Wochenendgesetz' setzt die Ampel vollends zum Blindflug an. Wenn sie nicht noch rechtzeitig beidreht und eine seriöse Beratung ermöglicht, wird das zu einer Crash-Landung führen", warnte Jung.

Mit Informationen von dpa und AFP

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